Sign In

Kapitel 03: Rechtsgrundlagen der postmortalen Organspende der Koordinierungsstelle DSO

​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​ ​​ ​

Kapitel 3​​

Rechtsgrundlagen der postmortalen Organspende

KOMPAKT ​ZUSAMMENGEFASST

Gesetze und Verordnungen

Transplantationsgesetz (TPG) Gesetzestext

Verordnung über die Anforderungen an die Organ- und Spendercharakterisierung und an den Transport von Organen sowie über die Anforderungen an die Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und schwerwiegender unerwünschter Reaktionen

Übersicht über die Landesausführungsgesetze der Länder 

Richtlinien der Bundesärztekammer

Richtlinien der Bundesärztekammer zur Transplantationsmedizin 

Richtlinien der Bundesärztekammer zum irreversiblen Hirnfunktionsausfall

DSO-Verfahrensanweisungen

DSO-VerfahrensanweisungenOrganspende-Register

FAQ BfArM

Inhalte

3.1 Das Transplantationsgesetz

Das Transplantationsgesetz (TPG) regelt die Spende, Entnahme, Vermittlung und Übertragung von Organen, die nach dem Tod oder zu Lebzeiten gespendet werden. Es wird ergänzt durch Rechtsverordnungen, Landesausführungsgesetze, Richtlinien der Bundesärztekammer und die DSO-Verfahrensanweisungen.

Transplantationsgesetz Gesetzestext

3.2 Verordnung über die Anforderungen an die Organ- und Spendercharakterisierung und an den Transport von Organen sowie über die Anforderungen an die Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und schwerwiegender unerwünschter Reaktionen

TPG-Verordnung über Qualität und Sicherheit von Organen (TPG-OrganV)

Die auf Grundlage des Transplantationsgesetzes erlassene TPG-Organverordnung regelt insbesondere die Anforderungen an:

  • die Organ- und Spendercharakterisierung
  • das Verfahren für die Übermittlung von Angaben über die Organ- und Spendercharakterisierung
  • die Kennzeichnung der Behälter für den Transport von Organen
  • das Verfahren für die Übermittlung von Angaben, die für die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit der Organe notwendig sind
  • die Meldung, Dokumentation, Untersuchung und Bewertung schwerwiegender Zwischenfälle (SAE) und schwerwiegender unerwünschter Reaktionen (SAR)​ und, soweit beim Organspender gleichzeitig Gewebe entnommen wurde, die Meldung an die Gewebeeinrichtung, die das Gewebe entgegengenommen hat (s. 10. Qualitätssicherung)

TPG-Organverordnung

3.3 Ausführungsgesetze der Länder

Das Transplantationsgesetz gibt die bundesweiten Rahmenbedingungen vor, lässt aber Raum für Ausführungsbestimmungen in Länderkompetenz. Die Landesausführungsgesetze können im Hinblick auf die postmortale Organspende weitergehende Konkretisierungen, Angaben zu der Bestellung und Qualifikation der Transplantationsbeauftragten sowie deren Aufgaben beinhalten.

Übersicht über die Landesausführungsgesetze der Länder 

3.4 Richtlinien der Bundesärztekammer

Weitere medizinische Fragestellungen im Transplantationswesen sind in den Richtlinien der Bundesärztekammer geregelt. Die Richtlinien ergehen auf Grundlage des § 16 Abs. 1 TPG​ und werden von der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer erarbeitet. Sie wird vom Vorstand der Bundesärztekammer berufen und setzt sich aus verschiedenen Interessengruppen zusammen:

  • transplantationserfahrene Ärzte
  • Vertreter verschiedener Institutionen, die für die Organspende und -transplantation Verantwortung tragen, z.B. Vertreter medizinischer Einrichtungen der Krankenhäuser, der Deutschen Stiftung Organtransplantation, der Stiftung Eurotransplant, Vertreter des Bundes und der Länder, Repräsentanten von Transplantationspatienten, Fachjuristen, Ethiker und Kostenträger

Gemäß den Vorgaben des Transplantationsgesetzes stellt die Bundesärztekammer den Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft in folgenden Richtlinien fest:

  • Richtlinie für die Feststellung des irreve​rsiblen Hirnfunktionsausfalls​
    Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TPG für die Regeln zur Feststellung des Todes nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TPG und die Verfahrensregeln zur Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 TPG
  • Wartelistenführung und Organvermittlung
    Richtlinien für die Wartelistenführung und die Organvermittlung gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 TPG
  • Spendererkennung
    Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TPG zur ärztlichen Beurteilung nach § 9 a Abs. 2 Nr. 1 TPG (RL BÄK Spendererkennung)
  • Empfängerschutz
    Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) und b) TPG betreffend die Anforderungen an die im Zusammenhang mit einer Organentnahme zum Schutz der Organempfänger erforderlichen Maßnahmen (RL BÄK Empfängerschutz)
  • Maßnahmen zur Qualitätssicherung​
    Richtlinie zur Organtransplantation gemäß § 16 Transplantationsgesetz (Anforderungen an die im Zusammenhang mit einer Organentnahme und -übertragung erforderlichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung)

Die Einhaltung des Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft wird vermutet, wenn die Richtlinien der Bundesärztekammer beachtet worden sind.

Richtlinien der Bundesärztekammer zur Transplantationsmedizin

Richtlinien der Bundesärztekammer zum irreversiblen Hirnfunktionsausfall

3.5 DSO-Verfahrensanweisungen

Das Transplantationsgesetz verpflichtet die Deutsche Stiftung Organtransplantation gemäß § 11 Abs. 1 a TPG, unter Beachtung der Richtlinien der Bundesärztekammer, zu nachfolgenden ​ Prozessen Verfahrensanweisungen zu erstellen:

  • zur Meldung eines möglichen Spenders
  • zur Überprüfung der Spenderidentität
  • zur Überprüfung der Einzelheiten der Einwilligung des Spenders
  • zur Überprüfung des Abschlusses der Organ- und Spendercharakterisierung
  • zur Sicherstellung, dass die Angaben zur Organ- und Spendercharakterisierung das Transplantationszentrum, bei vermittlungspflichtigen Organen die Vermittlungsstelle (Eurotransplant), rechtzeitig erreichen
  • für die Entnahme, Konservierung, Verpackung und Kennzeichnung von Organen
  • für den Transport der Organe, um ihre Unversehrtheit während des Transports und eine angemessene Transportdauer sicherzustellen
  • zur Sicherstellung der Rückverfolgung,
  • zur Sicherstellung der unverzüglichen Meldung schwerwiegender Zwischenfälle (SAE) und schwerwiegender unerwünschter Reaktionen (SAR) (s. 10. Qualitätssicherung)​​​

Das Transplantationsgesetz regelt, dass die Verfahrensanweisungen für alle Entnahmekrankenhäuser und Transplantationszentren verbindlich sind. Sie gelten ebenso für die Koordinierungsstelle und die Vermittlungsstelle. Maßgeblich ist die aktuelle Fassung, die auf der Website der DSO veröffentlicht ist.

 DSO-Verfahrensanweisungen

​ ​​​​

Aus dem Praxisleitfaden Organspende der DIVI (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) - Umsetzung der BÄK-Richtlinie "Spendererkennung" in der Praxis:

Hahnenkamp, K et al. 2021
(Strukturelle) Rahmenbedingungen
In: Hahnenkamp, K et al., Praxisleitfaden Organspende
Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft
Claus-Dieter Middel, Wiebke Abel

3.6​ Organspende-Register

Im Januar 2020 wurde vom Deutschen Bundestag das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft verabschiedet und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit der Errichtung und dem Betrieb des Registers für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende beauftragt (Organspende-Register - OGR). 
Seit dem 18. März 2024 hat das OGR seinen Betrieb schrittweise aufgenommen. Es ist Bürgerinnen und Bürgern ab vollendetem 16. Lebensjahr möglich, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende im Register mithilfe eines Ausweisdokuments mit eID-Funktion (z.B. Personalausweis) zu hinterlegen, Entnahmekrankenhäuser konnten seit diesem Zeitpunkt, sofern sie angebunden und abruffähig waren, das Register einsehen.  Am 1. Juli 2024 startet die Stufe 2 des Organspende-Registers. Ab diesem Zeitpunkt müssen alle Entnahmekrankenhäuser an das Register angebunden und abruffähig sein.
Die Entnahmekrankenhäuser sind gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 2 TPG verpflichtet, sicherzustellen, dass in ihrem Entnahmekrankenhaus Ärzte oder Transplantationsbeauftragte dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als auskunftsberechtigt benannt werden. 

Das Transplantationsgesetz sieht in § 4 TPG eine gestufte Vorgehensweise zur Klärung des Spenderwillens vor, wonach zuerst das Register abzufragen und zu klären ist, ob dort eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende registriert wurde. ​
Ist die elektronische Abfrage im Organspende-Register durch das Entnahmekrankenhaus ausnahmsweise nicht möglich, bestehen mehrere Möglichkeiten, das Vorhandensein und den Inhalt einer im Organspende-Register hinterlegten Erklärung festzustellen:

Zum einen bietet das BfArM bei technischen Problemen im Zugriff auf das Abrufportal 24/7 ein telefonisches Ersatzverfahren zum Abruf der Erklärung an. In Entnahmekrankenhäusern mit abgeschlossener Registrierung im Abrufportal des Registers sind die APKs und die APK-V im Ersatzverfahren auskunftsberechtigt. 
In Entnahmekrankenhäusern mit begonnener, aber noch nicht abgeschlossener Registrierung steht das Ersatzverfahren nur den freigegebenen APK-V zur Verfügung. 
Die Support-Hotline ist rund um die Uhr erreichbar [Telefon: +49 (30) 2598 4370]. Das Verfahren erfordert die telefonische Kontaktaufnahme durch die abrufberechtigte Person. Eine abrufberechtigte Person muss zur Ausübung des Verfahrens Zugriff auf ihre in der Benennung angegebene E-Mail-Adresse haben. Dabei ist zu beachten, dass eine Auskunft aus dem Register auch mittels Ersatzverfahren ausschließlich an einen Arzt, eine Ärztin oder Transplantationsbeauftragten erteilt werden darf, der von einem Krankenhaus dem BfArM als auskunftsberechtigt benannt wurde (siehe § 2a Absatz 4 TPG​).
Hat die Auskunft aus dem Organspende-Register ergeben, dass der mögliche Spender dort keine Erklärung abgegeben hat und liegt dem Arzt oder der Ärztin weder eine schriftliche Einwilligung noch ein schriftlicher Widerspruch des möglichen Spenders vor, ist dessen nächster Angehöriger zu befragen, ob ihm von diesem einen Erklärung bekannt ist. Ist auch dem nächsten Angehörigen eine solche Erklärung nicht bekannt, so ist die Entnahme zulässig, wenn ein Arzt den nächsten Angehörigen über eine in Frage kommenden Entnahme unterrichtet und dieser ihr zugestimmt hat. 
Für den Fall, dass eine Abfrage des Organspende-Registers durch das Entnahmekrankenhaus selbst nicht möglich ist und alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Abfrage durchzuführen wie das Ersatzverfahren nicht möglich sind, sind die Angehörigen über eine mögliche Organ- oder Gewebeentnahme und darüber, dass eine Abfrage des Organspende-Registers nicht möglich ist, transparent zu informieren.
Wenn kein Hinweis darauf besteht, dass der oder die Verstorbene einen möglicherweise aktuelleren Willen im Organspende-Register dokumentiert hat, der einer Organ- oder Gewebeentnahme entgegenstehen könnte, und liegt der Ärztin oder dem Arzt weder eine schriftliche Einwilligung noch ein schriftlicher Widerspruch vor, ist die Entnahme im Einzelfall zulässig, wenn die nächsten Angehörigen befragt worden sind, ob ihnen von dem möglichen Organ- oder Gewebespender eine Erklärung zur Organ- oder Gewebespende bekannt ist und sie über die beabsichtigte Organ- oder Gewebeentnahme informiert wurden.
Ist auch dem nächsten Angehörigen eine solche Erklärung nicht bekannt, so ist die Entnahme nur zulässig, wenn eine Ärztin oder ein Arzt den nächsten Angehörigen über eine in Frage kommende Organ- oder Gewebeentnahme unterrichtet und dieser ihr zugestimmt hat. Der nächste Angehörige hat bei seiner Entscheidung einen mutmaßlichen Willen des möglichen Organ- oder Gewebespenders zu beachten.