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Kapitel 06: Entscheidungsbegleitung im Angehörigengespräch

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Kapitel 6

Entscheidungsbegleitung im Angehörigengespräch​

KOMPAKT ZUSAMMENGEFASST

6.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen

Die erteilte Zustimmung des Verstorbenen oder seiner Angehörigen oder einer diesen gleichgestellte Person ist eine unabdingbare rechtliche Voraussetzung zur Organ- und/oder Gewebeentnahme (s. Transplantationsgesetz (TPG)).​
Gemäß der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Spendererkennung gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TPG​ muss bei potenziellen Organspendern vor einer Entscheidung zur Therapiebegrenzung der Wille zur Organspende erkundet werden. Das Transplantationsgesetz gestattet bereits die Einsichtnahme in das Organspende-Register in Behandlungssituationen, in denen der irreversible Hirnfunktionsausfall unmittelbar bevorsteht oder als bereits eingetreten vermutet wird. Im Rahmen einer transparenten Kommunikation mit den Angehörigen, kann es vorkommen, dass bereits vor Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls (IHA) erstmals zusammen mit den Angehörigen ein Meinungsbild bezüglich einer möglichen Organspende erhoben wird. Davon bleibt die Notwendigkeit für ein abschließendes "Entscheidungsgespräch" bezüglich einer Organspende nach Feststellung des IHA unbeeinflusst. 

6.2 Grundlagen der Entscheidung

6.2.1 Erklärung des Verstorbenen

Eine zu Lebzeiten getroffene Entscheidung des Verstorbenen für oder gegen eine Organ-/Gewebespende kann schriftlich oder mündlich mitgeteilt worden sein und ist grundsätzlich bindend.

6.2.2 Entscheidung eines Dritten

Wurde die Entscheidung über eine Organ-/Gewebespende vom Verstorbenen zu Lebzeiten auf eine namentlich benannte dritte Person übertragen, so tritt diese an die Stelle des nächsten Angehörigen.

6.2.3 Entscheidung der Angehörigen oder einer gleichgestellten Person

Liegt eine Entscheidung über eine Organ-/Gewebespende nicht vor, so sind die nächsten Angehörigen des Verstorbenen oder eine diesen gleichgestellte Person zu befragen. ​

HINWEIS 

Die entscheidungsbefugte Person hat bei ihrer Entscheidung den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen zu beachten.
Ist der mutmaßliche Wille nicht ermittelbar, erfolgt eine Entscheidung nach den Wertvorstellungen der entscheidungsbefugten Person.

6.3 Begleitung der Angehörigen

Das Gespräch mit den Angehörigen dient der Klärung des geäußerten oder mutmaßlichen Willens des Verstorbenen. Aufgabe dieses Gespräches ist es, zum einen die Angehörigen über die verschiedenen Aspekte einer möglichen Organspende zu informieren und dabei aufkommende Fragen zu beantworten und zum anderen die Angehörigen emphatisch und ergebnisoffen zu begleiten. Ziel der Angehörigenbegleitung ist es, dass die Familie zu einer stabilen Entscheidung im Sinne des Verstorbenen findet.

6.4 Dokumentation

Das Gespräch mit den Angehörigen muss gemäß Anlage 3 der DSO-Verfahrensanweisungen dokumentiert werden und folgende Angaben beinhalten:

  • Ablauf: Ort, Datum, Zeit, Dauer, anwesende Personen
  • Inhalt: Möglichkeit der Übertragung von Organen/Geweben, Entscheidungsfindung (persönliche Entscheidung, vermuteter Wille, Entscheidung der Angehörigen, persönlicher Kontakt)
  • Ergebnis: Ablehnung bzw. Zustimmung des Verstorbenen/der Angehörigen, Umfang der Organ-/Gewebespende​

6.5 Entscheidungsbegleitung für Angehörige (EfA) - 
Ein Fortbildungsangebot der DSO für medizinisches Personal auf den Intensivstationen

Das Schulungsangebot der DSO richtet sich an die Mitarbeiter in den Krankenhäusern, die mit Angehörigen von möglichen Organspendern sprechen. Die Angehörigen sollen professionell und ergebnisoffen zu einer stabilen Entscheidung begleitet werden.

6.6 Interkulturelle Entscheidungsbegleitung – Empfehlungen

Bei der Kommunikation mit den Angehörigen im Krankenhaus sollten die sprachlichen Barrieren und kulturellen Besonderheiten von Menschen mit Migrationshintergrund berücksichtigt werden, dies entspricht auch den Empfehlungen des Deutschen Ethikrates.

Inhalte

​​6.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen

Die erteilte Zustimmung des Verstorbenen zur Organspende – oder seiner Angehörigen oder einer diesen gleichgestellte Person* –  ist neben der Feststellung des Todes durch Nachweis des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls (IHA) eine unabdingbare Voraussetzung zur Organentnahme. (*Im weiteren Text dieses Kapitels sind mit dem Begriff "Angehörige" immer auch diesen gleichgestellte Personen gemeint.)

Die aktuelle Richtlinie der Bundesärztekammer zur Spendererkennung gemäß §16 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TPG sieht vor, dass bei potenziellen Organspendern vor einer Entscheidung zur Therapiebegrenzung der Wille zur Organspende erkundet werden muss. Das Transplantationsgesetz gestattet bereits die Einsichtnahme in das Organspende-Register in Behandlungssituationen, in denen der irreversible Hirnfunktionsausfall unmittelbar bevorsteht oder als eingetreten vermutet wird. 

Im Rahmen einer ​transparenten Kommunikation mit den Anhgeörigen, kann es vorkommen, dass bereits vor Feststellung des IHA erstmals zusammen mit den Angehörigen ein Meinungsbild bezüglich einer möglichen Organspende erhoben wird. (s. 02. Spenderidentifizierung). Davon bleibt die Notwendigkeit für ein abschließendes "Entscheidungsgespräch" bezüglich einer Organspende nach Feststellung des IHA unbeeinflusst.

Gemäß TPG darf ein dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als auskunftsberechtigt benannter Arzt oder Transplantationsbeauftragter bereits in Behandlungssituationen, in denen der IHA unmittelbar bevorsteht oder als bereits eingetreten vermutet wird, im Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende (Organspende-Register, OGR) prüfen, ob eine Erklärung des Betroffenen zur Organ- und Gewebespende vorliegt.

Im Idealfall hat der Patient eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende im Organspende-Register abgegeben. Alternative Möglichkeiten für eine vorsorgliche Willensbekundung sind z.B. die Patientenverfügung oder der Organspendeausweis. Die Patientenverfügung bietet außerdem die Möglichkeit, sich schriftlich zum Verhältnis von Organspende zu palliativmedizinischen Maßnahmen zu äußern. 

Liegt keine schriftliche Verfügung des Patienten zur Organ- und/oder Gewebespende vor, werden die nächsten Angehörigen nach dem bekannten oder mutmaßlichen Willen des Verstorbenen befragt.

Die orientierenden Gespräche werden in der Regel von den behandelnden Ärzten des Krankenhauses geführt. Idealerweise hat zu diesem Zeitpunkt schon eine Einsichtnahme in das Organspende-Register stattgefunden. Es wird empfohlen, sobald der irreversible Hirnfunktionsausfall unmittelbar bevorsteht oder als bereits eingetreten vermutet wird, das Organspende-Register bezüglich des Patientenwillens abzufragen, damit vor der Entscheidung zur Therapiebegrenzung der Wille zur Organspende erkundet werden kann und um eine Gesprächsgrundlage für das Angehörigengespräch zu haben.
Ab dem 1. Juli 2024 hat gemäß § 4 TPG regelhaft eine Abfrage des Organspende-Registers vor einer geplanten Organentnahme zur Erkundung des Spenderwillens zu erfolgen (weitere Einzelheiten s. 3.6 Organspende-Register​). 

Beim "Entscheidungsgespräch" nach Feststellung des IHA, kann auch ein Mitarbeiter der regionalen Koordinierungsstelle teilnehmen. Generell bietet die Koordinierungsstelle (DSO) den Ärzten im Krankenhaus zur Führung dieser Gespräche Unterstützung an, sowohl in Form von Schulungen als auch die direkte Begleitung des Gespräches zur Organspende vor Ort.

Das Transplantationsgesetz (TPG) legt fest, dass eine Organ- und/oder Gewebeentnahme der Zustimmung bedarf und diese im selben Gespräch eingeholt werden soll. Die mögliche Entnahme und Übertragung eines vermittlungspflichtigen Organs hat Vorrang vor der Entnahme von Geweben; sie darf nicht durch eine Gewebeentnahme beeinträchtigt werden (§ 9 Abs. 3 TPG).

6.2 Grundlagen der Entscheidung

6.2.1 Erklärung des Verstorbenen

Zunächst ist zu prüfen, ob eine zu Lebzeiten getroffene Entscheidung des Verstorbenen für oder gegen eine Organ-/Gewebeentnahme bekannt ist. Diese Entscheidung kann vom Verstorbenen zu Lebzeiten im Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende (Organspende-Register) erfasst, schriftlich dokumentiert (z.B. in einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung) oder mündlich mitgeteilt worden sein. Die Entscheidung des Verstorbenen ist grundsätzlich bindend.

Liegt eine schriftliche Zustimmung vor, hat der Arzt die nächsten Angehörigen über die beabsichtigte Organ- und/oder Gewebeentnahme zu unterrichten. Weisen die Angehörigen oder eine diesen gleichgestellte Person bei dieser Gelegenheit auf eine Aktualisierung oder einen Widerruf der vorliegenden Verfügung hin, so ist dies zu berücksichtigen.

6.2.2 Entscheidung eines Dritten

Wurde die Entscheidung über eine Organ-/Gewebespende vom Verstorbenen zu Lebzeiten auf eine namentlich benannte Person seines Vertrauens übertragen, so tritt diese an die Stelle des nächsten Angehörigen.

6.2.3 Entscheidung der Angehörigen oder einer gleichgestellten Person

Liegt eine Entscheidung über eine Organ-/Gewebespende nicht vor bzw. ist diese nicht bekannt, so sind die nächsten Angehörigen des Verstorbenen oder eine diesen gleichgestellte Person zu befragen.

6.2.3.1 Entscheidungs​befugte Personen 

Die Rangfolge der nächsten Angehörigen ist im Transplantationsgesetz festgelegt:

  1. Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner
  2. volljährige Kinder
  3. Eltern, Vormund, Pfleger
  4. volljährige Geschwister
  5. Großeltern

Bei mehreren gleichrangigen nächsten Angehörigen ist es ausreichend, wenn einer von ihnen beteiligt wird und eine Entscheidung trifft. Der Widerspruch einer gleichrangigen Person verhindert die Organspende. Ist ein vorrangiger Angehöriger innerhalb angemessener Zeit nicht erreichbar, genügt die Entscheidung des nächst Erreichbaren.

6.2.3.2 Gleichgestellte Personen

Dem (jeweilig) nächsten Angehörigen gleichgestellt ist eine volljährige Person, die dem Verstorbenen in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahegestanden hat, z.B.:

  • ein Lebensgefährte
  • eine Person
    • in auf Dauer angelegter häuslicher Gemeinschaft auf Grundlage gemeinsamer Lebensplanung
    • in getrennter Wohnung, aber mit über einen längeren Zeitraum gewachsener gemeinsamer Lebensplanung und innerer Bindung
    • in engem Freundschaftsverhältnis mit häufigen und engen persönlichen Kontakten über einen längeren Zeitraum

Hinweis auf eine offenkundige persönliche Verbundenheit ist beispielsweise die Betreuung des Verstorbenen im Verlauf der Behandlung im Krankenhaus.

Der Angehörige bzw. die gleichgestellte Person, welche in die Entscheidung einbezogen wird, muss in den vergangenen zwei Jahren persönlichen Kontakt zum Verstorbenen gehabt haben. Dies ist durch Befragung der nächsten Angehörigen bzw. der gleichgestellten Person festzustellen.

6.2.3.3 Der mutmaßliche Wille des Verstorbenen

Die entscheidungsbefugte Person hat bei ihrer Entscheidung den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen zu beachten. Ist der mutmaßliche Wille nicht ermittelbar, erfolgt eine Entscheidung nach den Wertvorstellungen der entscheidungsbefugten Person.

Überprüfung der Einzelheiten der Einwilligung des Spenders nach § 3 TPG oder der Zustimmung anderer Personen nach § 4 TPG (§ 11

6.3 Begleitung der Angehörigen

Das Gespräch mit den Angehörigen dient der Klärung des geäußerten oder mutmaßlichen Willens des Verstorbenen. Aufgabe dieses Gespräches ist es, zum einen die Angehörigen über die verschiedenen Aspekte einer möglichen Organspende zu informieren und dabei aufkommende Fragen zu beantworten und zum anderen die Angehörigen emphatisch zu begleiten.

Wenn der mutmaßliche Wille des Verstorbenen nach sorgfältigen Überlegungen nicht ermittelbar ist, ist die Entscheidung der Angehörigen, die sie nach ihren eigenen ethischen Maßstäben getroffen haben, zu respektieren.

Ziel der Angehörigenbegleitung und dabei insbesondere der Gespräche mit den Angehörigen ist es, dass die Familie bzw. die Angehörigen zu einer stabilen Entscheidung im Sinne des Verstorbenen findet.

Entscheidungsbegleitung

Entscheidungsbegleitung meint, die Situation so zu gestalten, dass Angehörige trotz der außergewöhnlichen und belastenden Situation in der Lage sind, Informationen aufzunehmen, Fragen zu stellen und in Ruhe über die nächsten Schritte nachzudenken. Dazu gehört, dass man sie, wenn sie das möchten, über ihren (möglichen) Schock, die Trauer, Ängste, Zweifel, Sorgen und ihren Schmerz hinsichtlich der Mitteilung des Todes sprechen lässt und ihnen empathisch begegnet. Dabei ist es wichtig, ihnen genügend Raum zu geben und sie nicht mit inhaltlichen Darstellungen zu überfordern. Hier gilt es, die individuellen Bedürfnisse der Angehörigen zu erfassen. 

Das Gesprächsmodell WEITER wurde für die Entscheidungsbegleitung entwickelt und steht für: 

  • Wahrnehmung
  • Empathie
  • Information
  • EnTscheidungsbegleitung
  • ERgebnis

Die Frage nach der möglichen Organspende

Die Einstellung des Patienten zur Organspende soll möglichst früh, idealerweise zusammen mit der allgemeinen Frage nach einer Patientenverfügung, geklärt werden. Die Frage nach einer möglichen Organspende kann sich im Verlauf der Angehörigenbetreuung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ergeben (s. Richtlinie der Bundesärztekammer zur Spendererkennung gemäß §16 Abs. 1 S.1 Nr. 3 TPG​​). 
Mitunter sprechen die Angehörigen bereits im Rahmen von Prognosegesprächen die Thematik an. Wie bereits dargelegt ist vor einer Entscheidung zur Therapiebegrenzung bei potenziellen Organspendern der Wille zur Organspende zu erkunden.

Spätestens aber nach Feststellung des IHA sollte bei potenziellen Organspendern, wann immer möglich, das Thema Organspende mit den Angehörigen geklärt werden. Die Erkundung des Willens in Bezug auf eine mögliche Organspende ist sowohl ethisch als auch medizinisch nicht nur gerechtfertigt, sondern im Sinne der Patientenautonomie angezeigt. 
Vielfach haben die Fragenden die Sorge, dass dieses Thema von den Angehörigen als Zumutung empfunden werden könnte. Vielmehr gilt es sich selbst und den Angehörigen zu verdeutlichen, dass eine Frage nach einer Organspende auch eine Chance sein kann - für den potenziellen Organspender nach dem eigenen Tod noch anderen Menschen helfen zu können, aber auch für die Angehörigen, den schweren Verlust aufgrund des positiven Effektes einer Organspende besser verarbeiten zu können.

Das Nachdenken der Angehörigen durch geeignete Fragen und Informationen unterstützen

Der Kenntnisstand des Verstorbenen zum Thema Organspende ist in der Regel nicht bekannt. Daher ist es zunächst wichtig, den Angehörigen Informationen anzubieten. Es gilt, einfühlsam herauszufinden und einzuschätzen, welche Informationsbreite und -tiefe sie wünschen (Wahrnehmung + Empathie + Information). Die Frage, wie der Verstorbene gedacht und entschieden hat oder hätte, gilt es, mit solchen Informationen zu begleiten, die Angehörige zum Reflektieren anzuregen, sie aber keinesfalls zu einer Entscheidung in Richtung Organspende zu drängen.

Die Entscheidung absichern

Diese wichtige Entscheidung sollte nicht hastig und übereilt getroffen werden, da die Folgen für die Angehörigen im Falle einer nachträglich bereuten Entscheidung beträchtlich sein können, unabhängig davon, ob diese für oder gegen eine Organspende ausfällt. Wenn immer möglich, muss bei Bedarf großzügig Bedenkzeit gewährt werden. Zudem gilt es sicherzustellen, dass die Entscheidung mit hinreichender Sorgfalt getroffen wird. Grundsätzlich ist dabei jede Begründung eines Angehörigen für jedwede Entscheidung anzuerkennen.

Möglichkeiten der Unterstützung der Angehörigen werden vom DSO-Koordinator im Gespräch angeboten, etwa Kontaktmöglichkeiten bei kurz- oder langfristig auftretenden Fragen, ein Brief über den Umfang der Organentnahme mit anonymen Informationen über die Empfänger der Organe, Weiterleitung von Dankesbriefen oder Einladung zu regionalen Angehörigentreffen.

CHECKLISTE

  • Sofern der irreversible Hirnfunktionsausfall unmittelbar bevorsteht oder als bereits eingetreten vermutet wird, Abfrage des Organspende-Registers, ob eine Willensbekundung für oder gegen eine Organspende vorliegt. 
  • Gemeinsame Planung des strukturierten Entscheidungsgespräches (Kommunikationsanamnese) durch den behandelnden Arzt bzw. das betreuende Personal der Klinik und den DSO-Koordinator
  • Geeigneten, störungsfreien Raum mit Getränken bereitstellen (Telefon aus, Taschentücher etc.) 
  • Bei mehreren Gesprächsführern: Rollen vorab klären
  • Sicherstellen, dass die Angehörigen früh im Gespräch wissen, wer die Gesprächsführenden sind und was mit dem Gespräch geklärt werden soll
  • Klare, verständliche Sprache nutzen: kurze Sätze, einfache Satzstruktur, geringe Fremdwortdichte
  • Sorge tragen, dass die Angehörigen das be- und aussprechen können, was sie bewegt
  • Sicherstellen, dass die Angehörigen die Informationen zum Thema Organspende und Transplantation erhalten, die sie wünschen und brauchen
  • Entscheidung begleiten, ohne zu drängen
  • Etwaige hastige Entscheidung hinterfragen
  • Sicherstellen, dass die Angehörigen spätestens nach der Entscheidung alle Informationen erhalten, wie es mit dem Verstorbenen weitergeht
  • Bei Zustimmung für eine Organspende: auf die Möglichkeit des Verabschiedens vom Verstorbenen nach der Organentnahme hinweisen
  • Sicherstellen, dass die Angehörigen das Gespräch mit einem guten Gefühl (Sicherheit, alle Fragen beantwortet, Zweifel ausgeräumt) bezüglich ihrer Entscheidung verlassen 
  • Im Gespräch mit den Angehörigen auf die Angebote der DSO hinweisen:
    • Grundsätzlich Informationsbrief an die Angehörigen mit Begleitungsangebot der DSO spätestens 4-6 Wochen nach der Organspende
    • Stimmen die Angehörigen einer Speicherung ihrer Adressdaten zu, werden sie zu einem der regionalen Angehörigentreffen eingeladen. Bei diesen Treffen kommen sie mit anderen Angehörigen und auch transplantierten Menschen zusammen und werden von Psychologen und DSO-Mitarbeitern begleitet.

6.4 Dokumentation

Ablauf, Inhalt, Ergebnis sowie am "Entscheidungsgespräch" beteiligte Personen sind vom gesprächsführenden Arzt aufzuzeichnen. Hierfür sollte die Leitlinie zur Dokumentation des Angehörigengesprächs beachtet und der Dokumentationsbogen verwendet werden.

Leitlinie zur Dokumentation des Angehörigengesprächs

6.5 Entscheidungsbegleitung für Angehörige (EfA) - 
Ein Fortbildungsangebot der DSO für medizinisches Personal von Intensivstationen

Das Schulungsangebot der DSO richtet sich an die Mitarbeiter in den Krankenhäusern, die mit Angehörigen von möglichen Organspendern sprechen.

Die DSO hat unter fachkundlicher psychologischer Beratung ein Fortbildungsangebot für medizinisches Personal auf Intensivstationen entwickelt (Gesprächsmodell WEITER). Ziel der Fortbildung ist es, die Mitarbeiter in den Kliniken auf die Gesprächsführung in der Entscheidungsbegleitung von Angehörigen vorzubereiten. Die Angehörigen von potenziellen Organspendern sollen emphatisch und professionell auf dem Weg zu einer stabilen Entscheidungsfindung begleitet werden.

Speziell geschulte DSO-Koordinatoren organisieren Seminare und stehen für klinikinterne Fortbildungsveranstaltungen mit Übungen zur Gesprächsführung zur Verfügung. Die Seminare richten sich in erster Linie an Ärzte auf Intensivstationen, weil diese Personengruppe die Entscheidungsmöglichkeit zur Organspende gegenüber den Angehörigen anspricht. Involviertes Pflegepersonal kann einbezogen werden.

Die Fortbildungsveranstaltungen können, je nach Bedarf und Zeit, als kurzes Eingangsreferat mit weiter zu planenden Übungseinheiten oder als Nachmittagsseminar gestaltet werden.

HINWEIS 
Der für Ihre Klinik zuständige DSO-Koordinator informiert Sie gerne über Art und Umfang einer solchen Fortbildung. Bei Fragen wenden Sie sich an die DSO in Ihrer Region. Die Telefonnummern finden Sie unter www.dso.de/kontakt bei den "Ansprechpartnern in den DSO-Regionen".​​​​

6.6 Interkulturelle Entscheidungsbegleitung - Empfehlungen

​Bei der Aufklärung von Angehörigen eines Verstorbenen sollte deren kultureller, religiöser und ethischer Hintergrund berücksichtigt werden, evtl. auch ein anderes Krankheitskonzept wenn der Tod durch den Nachweis des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls festgestellt wurde. Die Grundsätze der Gesprächsführung (WEITER) bleiben bestehen, jedoch stellen sprachliche Barrieren oft ein nicht zu unterschätzendes Hindernis für eine gute Kommunikation dar. Gerade in Beratungsgesprächen mit interkulturellem Kontext ist es für die Angehörigen und ihre Entscheidungsfindung wichtig zu wissen, ob die Durchführung bestimmter religiöser Rituale (z.B. rituelle Waschung, Aufbahrung) bei einem Verstorbenen nach der Organspende noch möglich ist. Mit Blick auf die genannten Besonderheiten, ist es von großer Bedeutung sicherzustellen, dass ein unparteiischer, professioneller Dolmetscher zur Verfügung steht. Bei Bedarf können die Mitarbeiter der Koordinierungsstelle auch bei der Organisation von Übersetzungsdiensten oder bei der Kontaktaufnahme mit Geistlichen das Krankenhaus unterstützen. 

Stellungnahme des Deutschen Ethikrats

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Aus dem Praxisleitfaden Organspende der DIVI (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) - Umsetzung der BÄK-Richtlinie "Spendererkennung" in der Praxis:

Hahnenkamp, K et al. 2021
Therapie-, Therapieziel- und Prognosegespräche
In: Hahnenkamp, K et al., Praxisleitfaden Organspende
Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft
Klaus Hahnenkamp, Gerold Söffker