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Kapitel 04: Feststellung des Todes durch Nachweis des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls

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Kapitel 4

Feststellung des Todes durch Nachweis des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls​

KOMPAKT ZUSAMMENGEFASST

4.1 Definition des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls 

Der irreversible Hirnfunktionsausfall (IHA) wird definiert als Zustand der unumkehrbar erloschenen Gesamtfunktion des Gehirns (Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm). Dabei wird durch kontrollierte Beatmung und andere intensivmedizinische Maßnahmen die Herz- und Kreislauffunktion künstlich aufrechterhalten. Mit dem irreversiblen Hirnfunktionsausfall ist naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt.

4.1.1  Art und Lokalisation der Hirnschädigungen, die zum irreversiblen Hirnfunktionsausfall führen können

  • primäre Hirnschädigungen
    • primär supratentorielle Schädigungen
    • primär infratentorielle Schädigungen
  • sekundäre Hirnschädigungen
  • kombinierte Schädigungen

4.2 Einleitung der Diagnostik zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls

Hinw​eis

Bei der Behandlung von Patienten mit primärer oder sekundärer Hirnschädigung kann es zu einer intensivmedizinisch oder neurochirurgisch nicht zu beeinflussenden intrakraniellen Drucksteigerung kommen, die zu einem zunehmenden Funktionsausfall des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms führt.

4.2.1 Zuständigkeiten

Der Nachweis des IHA erfolgt gemäß der Richtlinie der Bundesärztekammer nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Transplantationsgesetz (TPG) und ist Aufgabe des Krankenhauses. Dieses veranlasst die Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls durch eigene Ärzte oder durch die konsiliarische Hinzuziehung geeigneter Ärzte.  Die Einführung eines neuro-medizinischen Konsiliardienstes zur bundesweiten Unterstützung der Krankenhäuser ist gesetzlich beschlossen. 

4.2.2 Qualifikation der Untersucher

Die klinische Untersuchung und Protokollierung der Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls muss von zwei Ärzten, die nicht an der Entnahme oder Übertragung der Organe beteiligt sind, unabhängig voneinander erfolgen, so das Transplantationsgesetz. Die folgenden Qualifikationsanforderungen müssen gemäß der Richtlinie für die Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls der Bundesärztekammer erfüllt sein:

  • Facharztanerkennung
  • mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit akuten schweren Hirnschädigungen
  • je Untersuchungsgang muss ein Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie beteiligt sein
  • bei Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr muss ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin bzw. ein Facharzt für Kinderchirurgie beteiligt sein. Hat der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin den Schwerpunkt Neuropädiatrie (Neuropädiater), muss der zweite untersuchende Arzt kein Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein.
  • Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Indikation zur Diagnostik zu überprüfen, die klinischen Untersuchungen durchzuführen und die Ergebnisse und Limitationen der apparativen Diagnostik im Kontext beurteilen zu können
  • Erfahrungen bei der (körpertemperaturabhängigen) Beurteilung von Medikamenteneffekten
  • zerebrale von spinalen und peripher neurogenen Reaktionen zu unterscheiden

4.3 Diagnostik zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls

Diagnostik zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls

4.4 Dokumentation

Die Dokumentation des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls erfolgt in einem standardisierten Protokoll (s. Materialien). Die Überprüfung der diagnostischen Voraussetzungen sowie die klinischen und die ergänzenden apparativen Untersuchungsbefunde müssen mit Datum und Uhrzeit sowie den Namen der untersuchen​den Ärzte dokumentiert werden.

Auch die abschließende Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls muss immer durch zwei gemäß der 5. Fortscheibung der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Feststellung des Todes nach §3 qualifizierte Ärzte dokumentiert werden.

Für die Todesfeststellung sind die Unterschriften beider Ärzte auf dem abschließenden Protokollbogen zu leisten. Die Dokumentation des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls ist mit der zweiten Unterschrift des letzten Untersuchungsgangs abgeschlossen (s. Materialien).

Achtung

Unabhängig vom Protokoll zur Dokumentation des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls muss die amtliche Todesbescheinigung (»Leichenschauschein«) ausgefüllt werden. Datum und Uhrzeit des festgestellten Todes sind mit den Angaben in Punkt 4 des Protokollbogens zur Dokumentation des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls identisch.

Inhalte

4.1 Definition des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls

Der irreversible Hirnfunktionsausfall wird definiert als Zustand der unumkehrbar erloschenen Gesamtfunktion des Gehirns (Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm). Dabei wird durch kontrollierte Beatmung und andere intensivmedizinische Maßnahmen die Herz- und Kreislauffunktion künstlich aufrechterhalten. Zum irreversiblen Hirnfunktionsausfall können alle Hirnschädigungen führen, die unmittelbar zu einer Erhöhung des intrakraniellen Druckes über den mittleren arteriellen Druck hinausführen. Auch ein zerebraler Sauerstoffmangel unterschiedlichster Genese kann mittelbar einen irreversiblen Hirnfunktionsausfall verursachen.

Die Diagnose des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls erfordert:

  • die Erfüllung der Voraussetzungen zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls
  • den Ausschluss reversibler Ursachen
  • die Feststellung der klinischen Symptome
  • den Nachweis der Irreversibilität

4.1.1 Art und Lokalisation der Hirnschädigungen, die zum irreversiblen Hirnfunktionsausfall führen können

Die Ursache der zum Tod führenden Hirnschädigung muss zweifelsfrei bekannt sein. Zur Überprüfung der Ursache, Lokalisation und Ausmaß der Schädigung ist i.d.R. eine zerebrale Bildgebung erforderlich. Man unterscheidet

  • primäre Hirnschädigungen: sie betreffen das Gehirn unmittelbar und strukturell z.B. raumfordernde tumoröse, traumatische oder vaskuläre Schädigungen. Je nach Lokalisation differenziert man bei primären Hirnschädigungen zwischen:
    • primär supratentoriellen Prozessen: hier liegt die Schädigung im Großhirnbereich. Bei therapierefraktärer Zunahme des Hirndrucks setzt sie sich später im Hirnstamm und im Kleinhirn fort und
    • primär infratentoriellen Schädigungen: die zunächst die unterhalb des Kleinhirnzeltes gelegenen Strukturen (Kleinhirn / Hirnstamm) betreffen und erst später das Großhirn in den Schädigungsprozess einbeziehen
  • sekundäre Hirnschädigungen betreffen indirekt das Gehirn z.B. über den unterbrochenen Blutkreislauf (Hypoxie oder Kreislaufstillstand)

Hinweis

​Wirken mehrere Schädigungsursachen auf das Gehirn ein, können auch kombinierte Schädigungen vorliegen (z.B. Reanimation nach Blutung).

4.1.2 Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls

Der irreversible Hirnfunktionsausfall kann bei Patienten ab Beginn des 3. Lebensjahres bei supratentoriellen und sekundären Hirnschädigungen auf jeder Intensivstation auch ohne ergänzende apparative Diagnostik festgestellt werden.

Zusätzliche apparative Untersuchungen sind in Deutschland bei Patienten vorgeschrieben bei 

  • infratentorieller Hirnschädigung,
  • nicht durchführ- oder verwertbaren Apnoetest 
  • sowie bei reifen Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern bis zum 2. vollendeten Lebensjahr. 

Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls

4.2 Einleitung der Diagnostik zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls

Bei der Behandlung von Patienten mit primärer oder sekundärer Hirnschädigung kann es zu einer intensivmedizinisch oder neurochirurgisch nicht zu beeinflussenden intrakraniellen Drucksteigerung kommen, die zu einem zunehmenden Funktionsausfall des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms führt. Verfolgt man den dokumentierten neurologischen Status in der Patientenakte, so finden sich oft Hinweise auf einen zunehmenden Verlust der Hirnstammfunktionen mit mehr oder minder raschem Übergang in den irreversiblen Hirnfunktionsausfall.

Hinweis

Bei Patienten mit schwerer Hirnschädigung und weiten, lichtstarren Pupillen sollte ein nicht medikamentös bedingter fehlender Hustenreflex beim Absaugen Anlass zur Einleitung der Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls sein.

Die Notwendigkeit zur Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls ergibt sich aus folgendem Grund: Mit der Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms (irreversibler Hirnfunktionsausfall) gemäß der Richtlinie der Bundesärztekammer ist naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt.

  • der Nachweis des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls ist eine sichere Entscheidungsgrundlage für die Beendigung der Behandlung des Patienten (Therapieabbruch)
  • der festgestellte Tod ist gleichzeitig Voraussetzung für eine Organentnahme

4.2.1 Zuständigkeiten

Vermuten die Ärzte des Krankenhauses bei Vorliegen der klinischen Ausfallsymptome des Gehirns, dass der irreversible Hirnfunktionsausfall bereits eingetreten ist, sind sie gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 1 Transplantationsgesetz (TPG) verpflichtet, den endgültigen, nicht behebbaren Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach § 5 TPG festzustellen, sofern nach ärztlicher Beurteilung eine Organspende in Betracht kommt (s. 02. Spenderindentifizierung).

Der Nachweis des Todes erfolgt gemäß der Richtlinie zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls der Bundesärztekammer und ist Aufgabe des Krankenhauses. Dieses veranlasst die Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls durch eigene Ärzte oder durch die konsiliarische Hinzuziehung geeigneter Ärzte (s. 01. Unterstützungsangebot)​.

Nach Verfügbarkeit unterstützt die Koordinierungsstelle das Entnahmekrankenhaus bei Bedarf durch die Vermittlung eines unabhängigen Konsilardienstes (s. DSO-Verfahrensanweisungen​).

Mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) vom 11. Juli 2021, Artikel 15d, (Änderung § 9a und § 11 TPG)​ wurde die bundesweite Einführung eines Konsiliardienstes beschlossen.​ Dieser hat sicherzustellen, dass auf Anfrage eines Entnahmekrankenhauses, jederzeit Ärzte, die für die Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms qualifiziert sind, regional und flächendeckend zur Verfügung stehen.​

4.2.2 Qualifikation der Untersucher

Die klinische Untersuchung zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls muss von zwei Ärzten, die nicht an der Entnahme oder Übertragung der Organe beteiligt sind, unabhängig voneinander erfolgen. Die folgenden Qualifikationsanforderungen müssen gemäß der Richtlinie zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls der Bundesärztekammer erfüllt sein:

  • Facharztanerkennung
  • mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen. Das heißt, der untersuchende Facharzt muss die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten aufweisen, um
    • die Indikation zur Diagnostik eines irreversiblen Hirnfunktionsausfalls zu prüfen,
    • die klinischen Untersuchungen durchzuführen und
    • die angewandte apparative Zusatzdiagnostik im Kontext diagnostischer Maßnahmen beurteilen zu können.​
  • je Untersuchungsgang muss ein Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie beteiligt sein
  • bei Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr muss ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin bzw. ein Facharzt für Kinderchirurgie beteiligt sein. Hat der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin den Schwerpunkt Neuropädiatrie, muss der zweite untersuchende Arzt kein Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein.
  • Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Indikation zur Diagnostik zu überprüfen, die klinischen Untersuchungen durchzuführen und die Ergebnisse und Limitationen der apparativen Diagnostik im Kontext beurteilen zu können
  • Erfahrungen bei der (körpertemperaturabhängigen) Beurteilung von Medikamenteneffekten
  • zerebrale von spinalen und peripher neurogenen Reaktionen zu unterscheiden

4.3 Diagnostik zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls

4.3.1 Feststellung der Voraussetzungen

Die Diagnostik zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls erfordert den Nachweis einer akuten schweren primären, sekundären oder kombinierten Hirnschädigung und den Ausschluss reversibler Ursachen der klinischen Symptome des Hirnfunktionsausfalls.

Wegen der unterschiedlichen Verfahren zum Nachweis der Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome sind kombinierte primäre supra- und infratentorielle sowie primäre und zusätzliche sekundäre Hirnschädigungen zu beachten und zu protokollieren (s. Materialien​).

Für detaillierte Angaben siehe spezielle Anmerkungen der 5. Fortschreibung der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Feststellung des Todes nach § 3 TPG 

4.3.2 Ausschluss reversibler Ursachen der Symptome

Die Einflüsse von Begleiterkrankungen und Medikation auf die klinische Symptomatik sind als potenziell reversible Ursachen zu berücksichtigen. Zu nennen sind u.a.

  • Intoxikationen/Medikamentenwirkungen
  • reversible Erkrankungen des Hirnstamms/peripheren Nervensystems
  • primäre oder therapeutische Hypothermie
  • Kreislaufschock
  • Koma bei metabolischen, entzündlichen oder endokrinen Erkrankungen

4.3.3 Prüfung der klinischen Symptome

Nachgewiesen werden müssen:

  • Koma ohne Reaktion auf Schmerzreize
  • Ausfall der Hirnstammreflexe
  • Ausfall der Spontanatmung (Apnoe-Test) trotz hyperkapnischer Provokation

Voraussetzungen für die Durchführung des Apnoe-Tests:

  • Ausreichende, an die klinische Situation angepasste, Präoxygenierung unter kontinuierlicher pulsoxymetrischer Kontrolle
  • Ausgangs paCO2 gemäß Vorgaben der Bundesärztekammer (35-45 mm Hg/4,7-6 kPa) (s. Anmerkung 3 der 5. Fortschreibung der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Feststellung des Todes)
  • bei Kindern Körpertemperatur von > 35°C
  • Arterielle Blutgasanalyse alle drei Minuten bis paCO2 ≥ 60 mm Hg
  • Monitoring der O2-Sättigung und Herz-Kreislaufparameter
  • Umstellung in CPAP Modus unter Beibehaltung des PEEP Niveaus
  • Triggerschwelle > 5l/min zur Vermeidung von vermeintlichen Atemzügen durch aortale Pulsationen. Apnoeventilation ausschalten (alternativ kontrollierte Hypoventilation AF1-2/Min. Automatische Tubuskompensation 0%)

Hinweis

Wenn nicht alle klinischen Ausfallsymptome geprüft werden können, ist der Nachweis des zerebralen Zirkulationsstillstandes erforderlich.

Hinweis

Für Patienten, deren Eigenatmung chronisch an einen paCO2 von mehr als 45 mmHg (6 kPa) adaptiert ist, oder wenn der Ausgangs-paCO2 über 45 mmHg (6 kPa) (temperatur-korrigierte Messung) liegt, oder wenn der Apnoe-Test aus anderen Gründen (z.B. Thorax-Verletzungen oder Gasaustauschstörung) nicht durchgeführt werden kann, ist der Funktionsausfall des Hirnstamms zusätzlich durch den Nachweis des zerebralen Zirkulationsstillstandes zu belegen (s. Anmerkung 3 der 5. Fortschreibung der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Feststellung des Todes).

4.3.4 Nachweis der Irreversibilität

4.3.4.1 Erwachsene und Kinder ab Beginn des 3. Lebensjahres

4.3.4.1.1 Vorgehen bei primär supratentorieller Hirnschädigung und sekundärer Hirnschädigung

Der irreversible Ausfall aller Hirnfunktionen kann mit zwei klinischen Untersuchungen unter Beachtung des geforderten Beobachtungszeitraums nachgewiesen werden.

Der erforderliche Beobachtungszeitraum beträgt

  • bei primär supratentorieller Hirnschädigung: 12 Stunden
  • bei sekundärer Hirnschädigung: 72 Stunden

Ohne Beobachtungszeitraum kann die Irreversibilität des Ausfalls aller Hirnfunktionen mit einer apparativen Untersuchung nachgewiesen werden.

Dabei muss einer der folgenden Befunde im Anschluss an die klinische Untersuchung erhoben werden:

Gleichwertigkeit der Methoden zum Nachweis der Irreversibilität des Hirnfunktionsausfalls bei primären supratentoriellen und sekundären Hirnschädigungen von Patienten ab Beginn des 3. Lebensjahres. (s. Anmerkung 5 der 5. Fortschreibung der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Feststellung des Todes)​:

„Bei primären supratentoriellen und bei sekundären Hirnschädigungen von Patienten ab Beginn des dritten Lebensjahres belegen die Ergebnisse der klinischen Verlaufsuntersuchungen nach den normierten Wartezeiten die Irreversibilität des Hirnfunktionsausfalls.

Zur Abkürzung der Wartezeit können bei diesen Patienten ergänzende apparative Untersuchungen durchgeführt werden. Wenn das Ergebnis der ergänzenden Untersuchung nicht dem für den Irreversibilitätsnachweis geforderten Befund entspricht, kann die Wartezeit nicht abgekürzt werden.

In diesem Fall muss entweder eine weitere apparative Untersuchung durchgeführt oder auf das Verfahren der zweiten klinischen Verlaufsuntersuchungen nach den vorgeschriebenen Wartezeiten übergegangen werden.“

Hinweis

Der in der Richtlinie, in Anmerkung 5, ausdrücklich vorgesehene Verfahrenswechsel zum Irreversibilitätsnachweis sollte im Team besprochen und erklärt werden.

Vorgehen bei primär infratentorieller Hirnschädigung

Die Irreversibilität muss neben der klinischen Untersuchung mit einer zusätzlichen Untersuchungsmethode nachgewiesen werden:

  • isoelektrisches EEG oder
  • Nachweis des zerebralen Zirkulationsstillstandes

FAEP und SEP sind für die Diagnose des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls bei Hirnstammläsionen nicht anwendbar, SEP auch nicht bei Halsmarkläsionen.

4.3.4.1.2 Vorgehen bei kombinierten Schädigungen

Bei kombinierten primären supra- und infratentoriellen Hirnschädigungen ist wie bei isolierten primären infratentoriellen Hirnschädigungen vorzugehen.

Bei primären supratentoriellen und zusätzlichen sekundären Hirnschädigungen ist wie bei isolierten sekundären Hirnschädigungen zu verfahren.

Bei primären infratentoriellen und zusätzlichen sekundären Hirnschädigungen ist wie bei primären infratentoriellen Hirnschädigungen vorzugehen.

4.3.4.2 Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder bis zum vollendeten 2. Lebensjahr

  • Bei Frühgeborenen (< 37 Wochen postmenstruell) und Anenzephalie ist das den Richtlinien der Bundesärztekammer zugrunde liegende Konzept der irreversiblen Hirnfunktionsausfallsfeststellung (IHA) nicht anwendbar. Bei ehemaligen Frühgeborenen kann eine Beurteilung der Anwendung des der Richtlinien zugrundeliegenden Konzeptes des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls nur im Einzelfall durch entsprechend qualifizierte und erfahrene Ärzte erfolgen.
  • Bei Neugeborenen (bis zum vollendeten 28. Lebenstag), Säuglingen (bis zum vollendeten 12. Lebensmonat) und Kleinkindern (bis zum vollendeten 2. Lebensjahr) sind mindestens vier klinische Untersuchungen (mindestens zwei Untersuchungsgänge mit jeweils zwei klinischen Untersuchungen) mit jeweils einer apparativen Diagnostik pro Untersuchungsgang  durchzuführen mit einem Abstand von 72h (Neugeborene) bzw. 24h (Säuglinge und Kleinkinder).
Ausnahme


Das Perfusionszintigramm muss nur einmal nach der zweiten Untersuchung mit erneut übereinstimmender Feststellung der klinischen Ausfallsymptome durchgeführt werden.​

Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls im Kindesalter

Der Beobachtungszeitraum zwischen den klinischen Untersuchungen (unabhängig von der Art der Hirnschädigung) beträgt für:

  • Neugeborene (0 bis 28 Tage): 72 Stunden
  • Säuglinge und Kleinkinder (29 Tage bis zum vollendeten 2. Lebensjahr): 24 Stunden

Dabei müssen folgende Befunde erhoben werden:

Hinweis

4.3.5 Festgestellter irreversibler Hirnfunktionsausfall

Nach Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls gemäß der Richtlinie der Bundesärztekammer ist das Entnahmekrankenhaus gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 1 TPG  verpflichtet, dies unverzüglich der Koordinierungsstelle mitzuteilen, sofern kein Widerspruch bekannt ist. (s. auch DSO-Verfahrensanweisungen)

4.4 Dokumentation

Die Dokumentation des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls erfolgt in einem standardisierten Protokoll (s. Materialien). Die diagnostischen Voraussetzungen sowie die klinischen und die ergänzenden apparativen Untersuchungsbefunde müssen mit Datum und Uhrzeit sowie den Namen der untersuchenden Ärzte dokumentiert werden.

Auch die abschließende Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls muss immer durch zwei nach der aktuellen Richtlinie der Bundesärztekammer qualifizierte Ärzte unverzüglich dokumentiert werden.

Für die Todesfeststellung sind die Unterschriften beider Ärzte auf dem abschließenden Protokollbogen zu leisten. Die Dokumentation des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls ist mit der zweiten Unterschrift des letzten Untersuchungsgangs abgeschlossen (s. Materialien).

Achtung

Nach Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls gemäß der Richtlinie der Bundesärztekammer  ist das Entnahmekrankenhaus gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 1 TPG​ verpflichtet, dies unverzüglich der Koordinierungsstelle mitzuteilen, sofern kein Widerspruch bekannt ist.

Achtung

Unabhängig vom Protokoll zur Dokumentation des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls muss die amtliche Todesbescheinigung (»Leichenschauschein«) ausgefüllt werden. Datum und Uhrzeit des festgestellten Todes sind mit den Angaben in Punkt 4 des Protokollbogens zur Dokumentation des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls identisch.

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